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Viele „tracking-freie“ iOS Apps verfolgen heimlich ihre Nutzer

Apple zwingt die Entwickler, den App-Nutzern klare Informationen zum Datenschutz zu geben. Doch laut einer neuen Studie tun vier von fünf getesteten Apps, die behaupten, keine Daten von Nutzern zu sammeln, dies tatsächlich. Es gibt also wenige Kennzeichnungen, auf die man sich verlassen kann.

Es liest sich wie eine recht einfache Aussage: „Daten werden nicht gesammelt“. Apple hat solche klaren Datenschutzkennzeichnungen für Apps auf seinem mobilen Betriebssystem iOS vor über einem Jahr eingeführt. Sie sollen zeigen, ob und welche Daten die App an ihre Betreiber oder Dritte weitergibt.

Ein beträchtlicher Teil der Apps behauptet, keine Daten von Nutzern zu sammeln. Doch viele dieser Kennzeichnungen sind eindeutig falsch, wie eine apfelpage.de vorliegende, technische Analyse zeigt. Ein Informatiker der Universität Oxford hat knapp 1.700 zufällig ausgewählte Apps aus dem App Store von Apple untersucht. Etwa 22 Prozent dieser Apps geben an, keine persönlichen Daten zu sammeln. Allerdings kontaktierte jede fünfte bekannte Tracking-Domains unmittelbar nach dem ersten Start der App und ohne die Zustimmung der Nutzer einzuholen. Bei PlayAmo wird Transparenz dafür groß geschrieben. 

Eine prominente App aus der Untersuchung ist „RT News“ des russischen Staatssenders. Die App behauptet, dass sie keine Daten sammele. Um die Richtigkeit dieser Behauptung zu überprüfen, luden die Wissenschaftler sie auf ein Testgerät und navigierten zu einigen zufälligen Artikeln. Insgesamt sendete die RT-App Daten an 19 Domänen. Nicht an Russland, sondern an Tracking-Dienste der Tech-Giganten Facebook und Google, das Marktforschungsunternehmen ComScore und die Werbefirma Taboola. 

Den Forschern zufolge sollte eine solche Datensammlung im Datenschutzlabel angegeben werden, denn sie könnte sensible Informationen enthalten, etwa welche Nachrichten die Nutzer in der App angesehen haben. „Leider ist oft unklar, welche Daten wirklich gesammelt werden und was mit diesen Daten geschieht.“ Besondere Vorsicht sei bei Apps geboten, die Zugriff auf den GPS-Standort haben. Wie Recherchen der New York Times gezeigt haben, landen solche Standortdaten oft in den Händen von Datenunternehmen, die sie zum Verkauf anbieten – ein klarer Fall von Missbrauch. 

Für die Analyse von iOS-Apps wurden die Apps nach dem Zufallsprinzip ausgewählt unter denen, die sich seit Januar 2020 im App Store von Apple befinden und nachträglich ein Datenschutzlabel hinzugefügt haben. Die Apps wurden automatisch auf ein iPhone 8 mit iOS 15.2 geladen, wo jede App geöffnet wurde. Es fand keine weitere Interaktion statt; entscheidend ist, dass keine Zustimmung zum Tracking gegeben wurde. Die Forscher untersuchten die vom Telefon fließenden Daten über einen sogenannten Man-in-the-Middle-Proxy. Für zusätzliche Tests installierten sie auch einige Apps manuell. 

Datenschutzkennzeichnungen erhalten schlechte Kritiken

Im Prinzip setzt Apple höhere Standards als andere Unternehmen, wenn es um Datenschutz und Privatsphäre geht. Der Tech-Riese hat seinen guten Ruf in Sachen Datenschutz für Marketingzwecke genutzt, unter anderem in Reden von CEO Tim Cook auf großen europäischen Datenschutzkonferenzen. 

Im Dezember 2020 führte Apple Datenschutzkennzeichnungen ein, damit Sie besser verstehen, wie Apps mit Ihren Daten umgehen“. Sie wurden von Anfang an kritisiert. Im Januar 2021 fand der Kolumnist der Washington Post, Geoffrey A. Fowler, mehr als ein Dutzend falscher Angaben in den Datenschutzhinweisen, darunter in einer Video-App für Kinder und einem beliebten Spiel. Fowler stellte fest, dass das Kleingedruckte auf den Etiketten besagt, dass Apple die Datenschutzinformationen nicht immer überprüft, sondern sich stattdessen auf gelegentliche Audits verlässt. 

Ein Jahr später ist die Situation im Wesentlichen dieselbe. Das Forschungsteam hat in seiner Analyse zahlreiche beliebte Apps gefunden, die mehr Daten sammeln als angegeben. So sendet beispielsweise die Puzzle-App eines großen Spieleherstellers entgegen ihrer Kennzeichnung eine ID-Nummer der Nutzer an zahlreiche Tracking-Dienste. Sogar innerhalb von Apps findet ein Tracking durch staatliche Stellen statt. Man fand heraus, dass die App des Met Office, des nationalen Wetterdienstes des Vereinigten Königreichs, sensible Informationen wie GPS-Daten an Google und Amazon sendet und auch – ohne jeglichen Hinweis in der Kennzeichnung – eine Nutzer-ID sammelt. 

Apple lehnte es ab, diese Analyse direkt zu kommentieren. Auf Nachfrage teilte der Tech-Gigant lediglich mit, dass die Informationen in den Labels von den Entwicklern stammten und dass Apple sich bei den laufenden Überprüfungen auf die beliebtesten Apps konzentriere. 

Es gibt einen ganz praktischen Grund, warum so viele Daten von beliebten Apps bei Dritten landen. Tracking bietet App-Anbietern eine Möglichkeit, durch personalisierte Werbung Geld zu verdienen. Dabei geht das Geschäft auf Kosten der Nutzer, die kaum etwas von den gesammelten Daten wissen. Damit sich das ändert, müssten die EU-Länder ihre Datenschutzgesetze energischer durchsetzen. 

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Toni Ebert
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