App-Stories #02: Überliste – Gratis Einkaufsliste ohne Datenverkauf – Wie geht das?
Diese Interview-Serie enthält keine bezahlte Produktplatzierung, sondern ist frei nach unserem Grundsatz entstanden, kleine Entwickler und coole Ideen in dieser Serie zu unterstützen und sie mit der Welt da draußen zu teilen.
Lukas Gehrer hat sich mit Joseph Tschörner von binaere bauten zusammengesetzt. Ein Interview aus dem März 2019.
Apfelpage: Herr Tschörner, vielen Dank für die Kontaktaufnahme mit uns. Sie sind Redakteur bei der binaere bauten gmbh, einer Architektur Firma nehme ich an, die eine Einkaufsapp entwickelt hat. Können Sie uns hier einmal auf den Stand bringen? Wie kam es denn dazu?
Tschörner: Zunächst eine kleine Richtigstellung: unser Unternehmen ist ein auf Software-Architektur spezialisiertes IT-Unternehmen. Der Firmenname binaere bauten steht synonym für Programme.
Die meisten guten Ideen entwickeln sich ja aus einem Bedürfnis. So war es bei unserer überliste auch. Auf der einen Seite brauchten wir ein internes Projekt, um Kolleginnen und Kollegen ohne aktuelle Projektbindung weiterzubilden. Dazu zählen bei uns auch Werkstudentinnen und -studenten, die im Sinne von Nachwuchsarbeit bei uns sind. Auf der anderen Seite gab es zum Zeitpunkt des Projektstarts keine digitale Einkaufsliste, die allen Anforderungen unserer Inhaber gerecht wurde.
Diese Anforderungen lesen sich zunächst ganz einfach: unkompliziertes Erstellen bzw. Bearbeiten und beim Einkauf ebenso simples Bedienen.
Diese schlicht formulierten Ansprüche bedingen die folgenden Features:
- Eine Web-Applikation, mit deren Hilfe die Liste(n) bequem am heimischen Laptop gemanaged werden können.
- Eine Historie der getätigten Einkäufe, denn im Gegensatz zu einer ToDo-Liste wiederholen sich Einkäufe periodisch. Man kann das Zusammenstellen einer aktuellen Einkaufsliste also dadurch beschleunigen.
- Ein Sortiment vordefinierter Artikel, das ebenfalls beim Zusammenstellen hilft und außerdem notwendig ist, um unsortiert zur Liste hinzugefügte Produkte automatisch richtig auf der Liste zu arrangieren.
Zur Umsetzung dieser Punkte bedarf es neben der App für das Telefon weiterer Komponenten wie die Web-Applikation und eine eigene Anwendung, um das Artikelsortiment zu erstellen und zu pflegen sowie einiger definierter Prozesse. Tatsächlich hat das Erstellen der eigentlichen App nicht einmal 20% des Gesamtaufwands ausgemacht.
Bei der Erstellung der unterschiedlichen Komponenten sind die verschiedensten technischen Skills gefragt – Programmierung in Swift und Java, Nutzung von Frameworks wie AngularJS, Datenbankdesign und -anbindung sowie die Nutzung von Tools, die den Develop- und Build-Prozess unterstützen wie z.B. Confluence, Jira, Maven, Jenkins etc. Alles Dinge, mit denen man an der Hochschule nur bedingt in Berührung kommt, die im professionellen IT-Umfeld aber unverzichtbare Bestandteile des produktiven Prozesses sind.
Im Projekt haben Studierende mit erfahrenen Entwicklern zusammengearbeitet, wobei das ausdrückliche Ziel war, den jungen ein Gefühl von der Komplexität aktueller Softwareentwicklungsprozesse zu vermitteln und gleichzeitig Erfahrungen mit den gängigen Werkzeugen zu ermöglichen. Irgendwann war das Resultat so überzeugend, dass wir gemeinschaftlich entschieden haben, nach der App-Entwicklung auch den zweiten Schritt, den App-Launch, zu gehen. Wir sehen überliste als gelungene Referenz für unsere Fähigkeiten.
Apfelpage: Verstehe, sehr spannend eigentlich! Sie bauen sich hier also internes Know-How auf und können das Projekt natürlich als Referenz herzeigen. Noch mal mehr zu App an sich. Warum sollte man genau Ihre Einkaufsliste downloaden? Der AppStore ist doch voll von Apps, die teilweise sogar sehr teuer sind und einen durchgeplanten Lifestyle versprechen?
Tschörner: Genau das wollen wir mit unserem Ansatz nicht. Wir wollten nur die eleganteste und simpelste digitale Einkaufsliste. Nicht weniger – aber vor allem nicht mehr. Ich könnte jetzt Albert Einstein zitieren, der gesagt haben soll: „Jeder intelligente Narr kann Sachen größer, komplexer und gefährlicher machen. Es braucht etwas Genialität – und viel Mut -, um die Gegenrichtung einzuschlagen.“ In unserem Fall ist es aber weniger eine Frage des Mutes, sondern die Tatsache, dass rein finanzieller Profit kein Treiber für die Entwicklung war. Unsere Verantwortlichen haben natürlich das Verständnis, dass sich der Einsatz für die überliste lohnt – nur eben nicht unmittelbar im Ertrag. Das ist aber die Herausforderung der meisten vergleichbaren Apps: sie müssen Geld generieren, was leider manchmal zu überbordenden, vermeintlich tollen Features führt.
Wir haben tatsächlich nur zwei konkrete Use-Cases angenommen: ich kaufe für mich einoder ich kaufe für andere (Familie, WG, Firma …) ein. D ie unterscheiden sich etwas, da sie im ersten Fall mit rudimentären Angaben (Bier, Chips, …) auskommen, während Sie im letzten Fall auf genauere Angaben benötigen (2 Sixpack Jever Fun, 200 gr Rinderhack – bio, …). Wenn Sie den Praxistest mit überliste machen, werden Sie feststellen, dass Sie in diesen Fällen eine sehr gute Unterstützung bekommen.
Apfelpage: Wir wollen mal ehrlich sein: Oftmals werden kostenfreie Apps kritisiert dafür, dass sie sich durch Daten finanzieren. Eine völlig legitime Art und Weise der Finanzierung, keine Frage, doch in der heutigen Zeit geht das leider oft zu weit. Refinanzieren Sie sich denn auch teilweise mit Daten? Wieviel wird da wirklich gespeichert?
Ein klares Nein zum ersten Teil Ihrer Frage. Weder verkaufen noch verwerten wir Nutzerdaten in irgendeiner Form extern. Das erklären wir auch so in der Datenschutzerklärung auf unserer Landing Page unter www.ueberliste.de.
Wir können die Funktionalitäten wie das Synchronisieren zwischen Geräten, Teilen von Listen und das Bereitstellen der Einkaufshistorie nur anbieten, wenn wir Daten auf unserem Server einzelnen Accounts zuordnen. Während des Registrierungsprozesses wird nur eine Mail-Adresse erfragt. Zusammen mit dieser Adresse speichern wir Ihre aktuellen Listen, die von Ihnen angelegten individuellen Produkte und die Häufigkeit, mit der Sie in der Vergangenheit die verschiedenen Produkte von der Liste gestrichen haben (das brauchen wir, um Ihre Historie nach Frequenz zu ordnen – damit haben Sie es leichter). Das ist alles. Wir halten darüber hinaus keine persönlichen Daten.
Zusätzlich setzen wir Google Analytics ein, um anonymisierte Daten zur Nutzung unserer Web-Anwendung zu bekommen. Das sind allgemeine Dinge, wie die Verteilung der benutzten Browser und das vermutete Land der Anwender. Diese Informationen werden aber nicht bei uns gespeichert, und es kann auch keine Verbindung untereinander hergestellt werden.
Wir haben schon in einigen Kommentaren wahrgenommen, dass das Nicht-Vorhandensein einer offensichtlichen Monetarisierungsmöglichkeit ziemlich direkt zum Verdacht des Datenhandels führt. Diesbezüglich können Sie beruhigt sein. Und wenn Sie sich den qualitativen Inhalt der von uns gespeicherten Daten vergegenwärtigen, kommen Sie hoffentlich selbst zu dem Schluss, dass ein echter Grund für Unruhe gar nicht gegeben ist.
Apfelpage: Hmm, also…der Nutzer profitiert von einer starken App, die gratis ist, weil Sie noch intern den Nutzen der Entwicklung und Erfahrung ziehen können?
Tschörner: So ist es im Grunde ja.
Apfelpage: Wirklich ein richtig tolles Modell. Herr Tschörner, ich hätte noch eine Frage zum Entwicklungsprozess: Ist es denn einfach bei Apple Apps einzustellen? Oder allgemein vom bloßen Code über den AppStore und die ganzen Prozesse dann zum Endnutzer zu kommen? Sie haben ja jetzt Erfahrungen gesammelt.
Tschörner: Tatsächlich ist das Erstellen der iPhone-App sowie die Bereitstellung im App-Store mit der einfachste Teil des Projekts – wenn man die grundsätzliche Fähigkeit des Programmierens besitzt. Über das Apple Developer Programm hat man Zugriff auf alle notwendige Werkzeuge und relevanten Dokumentationen, um eine App gemäß Apples Richtlinien zu erstellen. Wir haben dann das TestFlight Programm genutzt, um einen geschlossenen Beta-Test durchzuführen, d.h. wir haben die ersten Testanwender direkt kontaktiert und in den TestFlight-App Store eingeladen. Bereits bei der Bereitstellung im TestFlight-App Store durchläuft die App einen Teil des Validierungsprozesses, den sie später auch vor der Bereitstellung im Appstore durchlaufen muss. Wir hatten keine Probleme damit und konnten die App dann auch reibungslos offiziell im App Store launchen.
Wir erfahren gerade sehr intensiv, dass der technische Aspekt nur einen kleinen Teil eines erfolgreichen Applikationsstarts ausmacht. Der Aufwand, unseren Release in den sozialen Medien zu begleiten und beispielsweise auf Nutzerfeedback zu reagieren, ist unerwartet hoch. Das liegt auch daran, dass die Erwartungen der Anwender hoch sind. Gerade wenn man in einem Bereich antritt, in dem Mitbewerber sich bereits etabliert haben, kommt man mit dem MVP Ansatz nicht wirklich weit. Da muss man zumindest in Teilaspekten besser sein. Den Anspruch haben wir und ich finde, wir werden ihm auch gerecht.
Apfelpage: Möchten Sie sonst noch etwas mit der Welt da draußen teilen? Ansonsten sagen wir: Vielen Dank, Herr Tschörner, für das Gespräch. Und viel Erfolg weiterhin mit Ihrem Projekt!
Tschörner: Erst einmal vielen Dank für dieses Interview. überliste ist ein Herzensprojekt, das es ohne unmittelbaren finanziellen Profitgedanken auch besonders schwer hat, überhaupt Nutzer zu erreichen, obwohl die App qualitativ alle von uns definierten Ansprüche erfüllt. Deshalb freut es uns umso mehr, dass Apfelpage seinen Anteil dazu beiträgt und uns ohne Gegenleistungen in einem Artikel aufnimmt.
Wir arbeiten auch aktuell fleißig daran, überliste stetig zu verbessern. Momentan ist unser Fokus auf der Android-Umsetzung der App, um mehr Nutzer zu erreichen. Auch die hohe Nachfrage nach Apple Watch- und Siri- beziehungsweise Alexa-Support haben wir wahrgenommen, weswegen wir uns damit in Zukunft beschäftigen werden.
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Wien, Berlin
März 2019
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2 Kommentare zu dem Artikel "App-Stories #02: Überliste – Gratis Einkaufsliste ohne Datenverkauf – Wie geht das?"
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Ocram90 5. April 2019 um 23:29 Uhr ·Endlich mal eine gescheite Einkaufslisten-App die MANN benutzen kann und MÖCHTE! 👌🏽iLike 2
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Tom 7. April 2019 um 12:44 Uhr ·Wer Apps zum Einkaufen braucht, hat die Kontrolle über sein Leben verloren! Egal ob mit oder ohne Jogginghose;)iLike 1