Mein geklautes MacBook 2/4: Das iPad als einziger Computer
Durch den unglücklichen Umstand meines MacBook-Diebstahls und die längere Wartezeit auf mein neues MacBook Air mit Hardware-Upgrade bin ich seit rund anderthalb Wochen darauf angewiesen, meine tägliche Arbeit mit dem iPad zu erledigen. Der folgende zweite Teil der Serie soll dieses Thema nun ausführlicher behandeln.
Die Anforderungen an meinen Arbeitscomputer
Mein Arbeitsalltag besteht primär aus zwei großen Aufgabenfelder: Einmal schreibe ich Mails und Artikel für Apfelpage sowie Texte für die Uni, zudem arbeite ich noch an einer App, die aus einem Webserver (PHP), einer iOS- und einer Android-Anwendung besteht. Zusätzlich dazu gehört zu meinem Alltag noch der Konsum von sozialen Medien und das Lesen von digitalen Zeitungen, verschiedenen Blogs und wissenschaftlichen Artikeln für das Studium. Vor allem diese reinen „Konsumaufgaben“ habe ich bereits seit längerer Zeit vorrangig mit dem iPad erledigt, hier war für mich entsprechend keine Umstellung nötig. Die Texte und Mails für Apfelpage habe ich zwar primär noch mit dem MacBook geschrieben, vor allem auf Zugreisen habe ich dafür aber auch gern das iPad verwendet und wusste daher, dass das prinzipiell gut möglich ist. Zur konkreten Software, die ich dafür verwendet habe, komme ich später.
Problematischer wurde es jedoch bei der Betreuung der App. Vor einigen Wochen hatte ich schon mal verschiedene Software-Lösungen für die Arbeit mit dem Webserver getestet und ein funktionierendes Test-Setup meines Codes auf dem Server eingerichtet, wirklich nutzen musste ich es bis zur vergangenen Woche allerdings noch nicht – ich wusste aber, dass es an sich möglich sein würde, den Server mit dem iPad weiterzuentwickeln und zu warten. Von Anfang an ausgeschieden ist die Betreuung der iOS- und Android-Applikationen, beides ist mit der verfügbaren iOS-Software nicht möglich. An sich könnte ich selbstverständlich meinen Swift-Code in Apples Swift Playgrounds schreiben und später am Mac in den Produktionscode in Xcode einbauen, allerdings fehlt mir dabei der Zugriff auf bisher bestehenden Code (wenn ich ihn nicht in die App kopiere), was eine Nutzung praktisch unmöglich macht. Noch düsterer sieht es, so stellt sich zumindest das Ergebnis meiner Recherche dar, mit Java-Code für die Android-App aus, neben dem Problem des Zugriffs auf den bestehenden Code findet sich hier keine App, die den Code nur annähernd ausführen und damit sinnvoll testen könnte.
Texte schreiben: Kein Problem!
Wie bereits oben erwähnt habe ich auch in den Monaten, in denen ich noch ein MacBook hatte, regelmäßig mit dem iPad gearbeitet und dort Texte für Apfelpage und einige andere Anlässe geschrieben, hauptsächlich unterstützt durch die K380-Tastatur von Logitech, die On-Screen-Tastatur des iPads nutze ich eher in Ausnahmen für kurze Texte oder bei der Korrektur. An Software kommt bei mir für Texte des Blogs vor allem Ulysses (Affiliate-Link) zum Einsatz, als Student profitiere ich dabei von der deutlich günstigeren Abo-Version.
Generell ist es für mich auf dem iPad auch kein Problem, Texte für die Uni zu schreiben. Mit dem finalen Release von iPadOS 13 dürfte sich die Nutzbarkeit des iPads für die Arbeit an wissenschaftlichen Texten für mich nochmal steigern, da dann hoffentlich auch die Nutzung mehrerer Fenster in Pages (Affiliate-Link) und Word (Affiliate-Link) möglich wird und ich so meine Notizen (primär zu gelesenen Texten) und den eigentlichen Arbeitstext gleichzeitig anschauen und bearbeiten kann. Bisher muss man zum Betrachten von zwei verschiedenen Dokumenten in Word immer wieder auf den Auswahl-Bildschirm zurückkehren.
Mein größtes Problem bei der Arbeit an Unitexten und vor allem längeren Hausarbeit mit dem iPad ist, dass ich bisher keine sinnvolle Lösung für die Verwaltung von Literatur gefunden habe. Meine Literatursammlung liegt in meinem Zotero-Account, ich wäre durchaus aber bereit, sie zu EndNote oder Mendeley umzuziehen, wenn sich dort eine sinnvolle iOS-Anwendung finden lässt. Meine Anforderung ist relativ gering: Ich bräuchte eine schnelle Möglichkeit (am besten per Drag & Drop), um Zitationen während des Schreibprozesses in einem bestimmten Format in mein Word-Dokument zu bringen, zum Abschluss müsste die App mir dann noch aus ausgewählten Quellen (die Auswahl treffe ich im Zweifel auch manuell) ein Literaturverzeichnis in einem bestimmten Format erstellen. Die Bibliothek müsste selbstverständlich mit einer Mac-Anwendung synchronisierbar sein, denn iPad-only ist für mich wie beschrieben kein dauerhafter Zustand. Über entsprechende Hinweise wäre ich an dieser Stelle sehr dankbar!
Einen Webserver betreiben: Im Zweifel durchaus möglich!
Zu meiner täglichen Arbeit gehört außerdem, dass ich mich um den Webserver hinter einer iOS-Anwendung kümmere und diesen nicht nur am Laufen halte, sondern auch regelmäßig optimiere oder neue Features einbaue. Bereits einige Monate vor dem Diebstahl meines iPads habe ich mich über Software informiert, mit denen ich zumindest rudimentäre Aufgaben unterwegs erledigen könnte und bin zu einer ganz akzeptablen Lösung gekommen. Auf meinem Server gibt es eine zweite Installation des Backends, auf das ich über Textastic (Affiliate-Link) per SFTP zugreife. In Textastic, inzwischen in Version 8 erhältlich, bearbeite ich den Code und lade die neuen Dateien auf den Server hoch. Mit Termius (Affiliate-Link) kann ich bei Bedarf auf die Kommandozeile des Servers zugreifen und dort zum Beispiel den bearbeiteten Code in mein Git weiterreichen und dann im nächsten Schritt auf die Produktionsversion des Servers ziehen. Da es sich bei dem Webserver lediglich um ein Backend handelt, auf das ich über eine API zugreife, nutze ich HTTPBot (Affiliate-Link) in der Pro-Version, um die verschiedenen API-Anfragen zu testen und bei Bedarf Änderungen vorzunehmen.
Extrem positiv finde ich dabei, dass ich auf dem iPad mit Slide Over und Split View drei Apps gleichzeitig nutzen kann und so bei Bedarf das Terminal, meinen Code und die API-Anfrage im Blick behalte. Grundlegend ist die Arbeit an PHP-Code eines Weservers mit dem iPad entsprechend möglich, ich habe in der letzten Woche sogar eine neue Funktion implementiert, die ich seit ein paar Wochen vor mir hergeschoben habe. Besonders auffällig war für mich bei der Arbeit jedoch, dass der Bildschirm meines iPads mit 10,5“ Diagonale leider doch merklich kleiner ist als der meines 13“-MacBooks. Das klingt erstmal logisch, fällt mir aber bei vielen anderen Anwendungen (zum Beispiel wenn ich im Bett noch einen Film schaue) nicht sonderlich auf und verdient daher meiner Meinung nach an dieser Stelle eine Erwähnung.
Mein Fazit zur Webentwicklung mit dem iPad? Kann man, wenn die entsprechende Software erstmal vernünftig eingerichtet ist, im Zweifel durchaus machen. In Zukunft kann ich mir vorstellen, diese Lösung immer mal wieder unterwegs für kleine Änderungen zu nutzen, komplett ersetzen kann sie mein MacBook mit lokalem Server allerdings sicherlich nicht.
Noch zwei Worte zu Software: Anders Borum, ein dänischer iOS-Entwickler, bietet zwei Apps an, die zwar ziemlich gut in meinen Anwendungsfall passen würden, im konkreten Fall allerdings leider nicht sinnvoll einsetzbar sind: Working Copy (Affiliate-Link) ist ein Git-Client, der unter iOS Zugriff auf die eigenen Repositories bietet und sich ziemlich gut in Textastic integrieren lässt. Das einzige Problem: Ich muss meinen Code testen, was für PHP in Working Copy mangels lokalem Server nicht möglich ist. Außerdem bietet Borum mit Secure Shellfish (Affiliate-Link) seit einigen Wochen eine Lösung zur Integration von (S)FTP-Servern in Apples Dateien-App an, allerdings ist mir an dieser Stelle der direkte Weg über den (S)FTP-Client von Textastic lieber, weil damit alles in einer App gebündelt stattfindet.
Native Apps entwickeln: Ein Ding der Unmöglichkeit
Leider komplett vernachlässigen musste ich in der letzten Woche die iOS- und Android-Anwendung, die ich halb aus Spaß und halb nebenberuflich entwickle. Swift Playgrounds (Affiliate-Link) hatte ich oben bereits kurz erwähnt, ist für diesen Anwendungsfall allerdings nicht passend. Ich müsste nicht nur Code testen (und den überhaupt erstmal dort hineinbekommen), sondern auch das verbundene Interface sehen und bearbeiten können, dazu reicht Apples mobiler Xcode-Abklatsch (aktuell) noch nicht. Immerhin handelt es sich dabei aber eben auch nur um einen Spielplatz. Ähnlich bitter sieht es mit der Entwicklung von (Java-)Apps für Android aus. Eine iOS-Version von Android Studio gibt es schlichtweg nicht, das Testen der App auf dem Gerät fällt sowohl für iOS als auch für Android sowieso aus.
Noch ein paar Gedanken zu iPadOS 13
Ich nutze auf meinem iPad bereits seit der zweiten Beta iPadOS 13 und muss einige Funktionen des neuen Systems an dieser Stelle erwähnen, da sie mir die Nutzung des iPads als Ersatzcomputer deutlich erleichtert haben und, so denke ich, im Herbst mit der finalen Veröffentlichung vielen Nutzern deutlich mehr Optionen mit ihren Apple-Tablets eröffnen werden.
Dateien-App
Die hauseigene Dateien-App war bisher bereits eher ansehnlich und akzeptabel, ist mit iPadOS 13 aber (zum Glück!) kaum noch wiederzuerkennen. Sie kann mit dem neuen System .zip-Dateien entpacken und umgekehrt Ordner komprimieren und so etwas leichter versenden zu können. Außerdem hat sie eine Ansicht mit mehreren Spalten (Kaum zu glauben, aber das ging bisher nicht!), durch die sehr entspannt mit einer externen Tastatur navigiert werden kann. Die Möglichkeit, Dateien in Safari (auch sehr große Dateien, ich habe die aktuelle Xcode-Beta mit rund 10 GB als Test geladen) vernünftig herunterzuladen und in der Dateien-App zu verschieben ist ziemlich viel wert. Für unmöglich gehalten habe ich bisher zudem, dass wir am iPad jemals auf den Inhalt von USB-Geräten zugreifen können, deswegen hat die iPadOS 13-Keynote mich relativ kalt erwischt: Genau das ist mit dem neuen System möglich, plötzlich kann man schnell eine Datei auf einen USB-Stick ziehen, ohne dafür unbedingt den Mac (falls vorhanden…) anwerfen zu müssen. In zehn Jahren werden unsere Kinder uns vermutlich auslachen wenn ihr ihnen erzählen, dass wir uns über dieses Feature gefreut haben. Dank der neuen Dateien-App hat es die neuste Xcode-Beta damit mit wenigen Handgriffen vom iPad auf meine externe Festplatte geschafft.
Multitasking
Neben der Nutzung mehrerer Fenster pro App, für die bisher nur System-Apps und erste Dritt-App-Betas optimiert sind, hat iPadOS 13 eine weitere neue Multitasking-Funktion, die bisher aus unerfindlichen Gründen gefehlt hat: Die Slide Over-Ansicht bekommt ihren ganz eigenen App-Switcher und ist damit endlich mehr als nur eine weitere App, die sich schnell ein- und ausblenden lässt. Durch die neue Möglichkeit kann ich zum Beispiel meine To Dos in Things dauerhaft in Slide Over parken und bei Bedarf schnell aufrufen, je nach geöffneter App aber verschiedene andere Apps in dieser Ansicht auf die obere Position des Stapels legen.
Mit dieser kleinen Lobeshymne auf iPadOS 13 endet der zweite Teil meiner MacBook-Diebstahl-Serie. Ich tippe diese Zeilen auf dem iPad, bekomme aber hoffentlich in den nächsten Tagen mein neues MacBook und kann dann die oben beschriebene Arbeit den Apps fortsetzen, die in der letzten Woche leider pausieren musste. Bis dahin tippe ich halbwegs fröhlich auf meinem iPad weiter meine Artikel und die Hausarbeit und bin vermutlich immer wieder etwas darüber überrascht, dass das so problemlos funktioniert.
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7 Kommentare zu dem Artikel "Mein geklautes MacBook 2/4: Das iPad als einziger Computer"
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iPhone X 26. Juli 2019 um 18:45 Uhr ·Welche Software wird denn zum Webentwickler auf dem iPad genutzt?iLike 1
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Roadrunner 26. Juli 2019 um 19:27 Uhr ·Zum Thema Literatursammlung. Hast du dir schon mal DEVONthink angesehen? Ich habe dort alles drin. Zeitschriften, Briefe (gescannt & OCR), Bedienungsanleitungen und meine persönliche Dokumentation (z.B. Installationen, Konfigurationen, Entwicklung) als Markdown. Word und Pages kann es aber auch. Das läuft auf dem Mac, iPad und iPhone. Habe aktuell 7 DBs mit 12 GB und alles wird sauber zwischen den Geräte gesinnt.iLike 2
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Drakenstorm 27. Juli 2019 um 09:16 Uhr ·@ Roadrunner: Kann ich voll und ganz bestätigen. Ich habe DEVONthink Office.iLike 2
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FloSon 27. Juli 2019 um 10:33 Uhr ·Diese Artikelreihe gefällt mir sehr gut, sehr interessant zu lesen und mal etwas anderes zu den täglichen „Standardnews“. Danke für die Einblicke.iLike 17
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kurbeldreher 27. Juli 2019 um 15:41 Uhr ·Mac Books kann man nicht klauen ebensowenig wie iPhones und iPads etc. Der Dieb kann mit den Geräten nix anfangen da man sie nie wieder aktivieren kann.iLike 1
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ithommy 27. Juli 2019 um 17:11 Uhr ·Aber klauen kann man sie trotzdem. 😂iLike 7
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ralfch 28. Juli 2019 um 07:14 Uhr ·Zur Frage der Literatursammlung, -verwaltung; Bookends wäre sowohl auf dem Mac als auch auf iOS vorhanden und sollte die meisten Bedürfnisse abdecken, je nacndem nach welchem speziellen Format zitiert werden solliLike 1