Apple kauft Dark-Data-Spezialisten für 200 Millionen Dollar
Apple hat mit Lattice Data einen Spezialisten gekauft, der „Dark Data“ mit Hilfe von AI-Systemen in strukturierte Datenbanken umwandelt und somit nutzbar(er) macht. Die Übernahme soll sich Apple bereits vor einigen Wochen etwa 200 Millionen US-Dollar kosten lassen haben.
Was ist „Dark Data“?
Die meisten dürften sich fragen, was „Dark Data“ überhaupt ist: Etwas häufiger wird vom sogenannten „Darknet“ berichtet, in welchem sich gern auch Cracker und andere Kriminelle tummeln. Das Darknet ist sozusagen der nicht von Suchmaschinen wie Google auffindbare Teil des Internets. Streng genommen zählen auch nicht indexierte Websites oder Firmennetzwerke zum Darknet, doch in den Nachrichten wird der Begriff meist synonym zu speziellen Netzwerken wie dem Tor-Netzwerk verwendet.
Bei Dark Data handelt es sich hingegen nicht um schwer zugängliche Bereiche, sondern um schwer zugängliche Daten im Internet. Uns ist heute so viel Wissen zugänglich, wie noch nie zuvor: Ganze Bibliotheken, unzählige frei zugängliche Forschungsarbeiten und öffentliche Berichte lassen sich im Internet kostenlos abrufen. Im Jahr 2013 betrug die weltweite Datenmenge etwa 4,4 Zettabytes. Um das zu veranschaulichen, stellt euch vor, euer großer Kaffee oder eure 0,33-l-Cola sei ein Gigabyte Daten: Dann entspricht ein Zettabyte in etwa dem Volumen der gesamten chinesischen Mauer. Und täglich kommen etwa 2,5 Exabytes dazu – das ist so viel, wie 90 Jahre (!) HD-Video. Allein bis 2020 soll die weltweite Datenmenge insgesamt auf 44 Zettabytes ansteigen.
Doch ein großer Teil dieses Wissens ist in Fließtexten, Tabellen und Bildern „versteckt“ und nicht in den Gesamtkontext eingeordnet. Aus einem Buch lässt sich zum Beispiel nicht erkennen, ob die enthaltenen Informationen inzwischen veraltet sind oder nicht. Denn dazu müsste man auch alle anderen Bücher lesen, die seit Herausgabe des ersten Buches zu diesem Thema geschrieben wurden.
Die Informationen in den Büchern sind also verfügbar, aber schlecht strukturiert und nicht mit einander verknüpft, sodass sie von uns Menschen (und unseren Maschinen) nur sehr umständlich abgerufen und analysiert werden können. Folglich bleiben sie oft „im Dunklen“, statt uns zu „erhellen“ – es handelt sich um „dunkle Daten“.
Dark Data „sichtbar“ machen
Lattice Data könnte uns bald das Lesen abnehmen. Damit ist jedoch nicht das Lesen und Berührtsein von lyrischen Texten, sondern das Auslesen von Informationen aus Fachliteratur gemeint.
Das Unternehmen wurde 2015 mit einer Anschubfinanzierung von 20 Millionen Dollar von Christopher Ré, Michael Cafarella, Raphael Hoffmann und Feng Niu gegründet, um die Forschungsergebnisse des DeepDive-Projektes der Universität Stanford wirtschaftlich nutzbar zu machen. Beim DeepDrive-Projekt ging es darum, Dark Data nutzbar zu machen. Ré, selbst Professor in Stanford und ausgezeichnet für seine Arbeit am DeepDrive-Projekt, ist als Chef-Wissenschaftler bei Lattice Data beschäftigt. Das Unternehmen extrahiert die dunklen Daten mit einem Algorithmus aus Texten und Tabellen und wandelt sie in strukturierte Datenbanken um, aus denen man anschließend beliebige Informationen abrufen kann. Der Algorithmus arbeitet dabei viel schneller und genauer als professionelle Leser, welche nach einiger Zeit ermüden, unaufmerksam werden und Informationen nur noch lückenhaft aufnehme.
Was Apple mit dem Dark-Data-Spezialisten vorhaben könnte
Das Know-How von Lattice Data bietet mannigfaltige Einsatzmöglichkeiten für Apple. Die beschriebene Technologie eignet sich beispielsweise zur Extraktion von Informationen für die Forschung oder internationale Verbrechensbekämpfung.
Erst letzte Woche haben wir am Beispiel von Beddit erklärt, welche Vorteile sich aus der Sammlung und computergesteuerten Analyse von Daten zum Beispiel im Gesundheitsbereich ergeben können. Das Magazin hat letztes Jahr außerdem einen äußerst empfehlenswerten Long-Read zu der ungeheuren Macht und den Gefahren veröffentlicht, die aus der Verbindung großer Datenmengen hervorgehen.
Lattice Data ist aber auch talentiert in der Entwicklung von Algorithmen. Wie alle Technologieunternehmen, forscht auch Apple am maschinellen Lernen und künstlicher Intelligenz. Etwa 20 Ingenieure aus dem Team von Lattice Data sollen nach der Übernahme bereits zu Apple gewechselt sein. Zuvor soll das Unternehmen bereits mit anderen Technologiekonzernen von Amazon und Samsung über die Verbesserung ihrer AI-Assistenten wie Alexa und Bixby verhandelt haben. Es wäre also denkbar, dass die Ingenieure auch Siri ein paar neue Tricks beibringen können. Insbesondere im Hinblick auf den erwarteten Heimassistenten aus Cupertino wäre ein Update längst überfällig.
Auf Nachfrage von TechCrunch bestätigte Cupertino standardmäßig, dass „Apple von Zeit zu Zeit kleinere Technologie-Firmen aufkauft, ohne näher zu erörtern, zu welchem Zweck.“ Wir dürfen also gespannt bleiben.
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10 Kommentare zu dem Artikel "Apple kauft Dark-Data-Spezialisten für 200 Millionen Dollar"
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moeNES 15. Mai 2017 um 12:46 Uhr ·Schön dass Apple zunehmend außerhalb der eigenen Obstschale denkt.iLike 23
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ProfDr 15. Mai 2017 um 12:59 Uhr ·Toll geschrieben. Bis auf: „[…]in welchem sich gern auch Hacker und andere Kriminelle tummeln.“ Hacker sind nicht gleich Kriminelle*. *=anders bei Tätowierten ?iLike 26
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Marcel Gust 15. Mai 2017 um 15:50 Uhr ·Vielen Dank für den Hinweis. Ich hatte beim Schreiben sogar erst noch daran gedacht, genau diesen Fehler nicht zu machen. ? ich habe es jetzt verbessert. ?iLike 7
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TimXL 15. Mai 2017 um 19:53 Uhr ·Weil Marcel immer Top, sowie Sachlich und Inhaltlich perfekt aufgearbeitete Artikel schreibt und nicht (wie z.B Phillip) unnötig, iwelche komplizierten Wörter einbaut oder sich drei mal um das Satzende windet. Weiter so!iLike 1
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Siglinde 15. Mai 2017 um 13:32 Uhr ·Ein sehr gut recherchierter Artikel. Danke dafür.iLike 5
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Siglinde 15. Mai 2017 um 13:34 Uhr ·Es ist schon bemerkenswert, wie man einen Algorithmus entwickeln kann, der aus unstrukturierten Texten, Informationen extrahiert…iLike 1
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Marcel Gust 15. Mai 2017 um 15:45 Uhr ·Die Texte sind in sich natürlich schon strukturiert (wenn der Autor nich vollkommen verwirrend schreibt). Der Algorithmus würde aus einem Satz wie: „Barack Obama und seine Frau Michelle Obama […]“ aber extrahieren, dass die beiden in einer Beziehung stehen. Auf die Frage: „Mit wem ist Barack Obama verheiratet?“ könnte er dann: „Michelle Obama“ ausgeben. Dazu muss die Grammatik der jeweiligen Sprache vom Algorithmus quasi verstanden werden.iLike 6
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Danny 15. Mai 2017 um 15:56 Uhr ·Klingt für mich nach dem nächsten Sprung für SiriiLike 4
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Thomas 15. Mai 2017 um 16:57 Uhr ·Diese grundsätzliche Kommunikation ist das, was beispielsweise auch noch Alexa fehlt. Bzw. der Umgang mit Folgefragen. Beispiel: „Wie heißt der amtierende US-Präsident?“ – Donald J. Trump. „Wie alt ist er?“ – Tut mir leid, darauf habe ich keine Antwort. Wenn ich aber frage „Wie alt ist der amtierende US-Präsident?“ kommen praktisch beide Antworten in einer. Das macht das „Gespräch“ mit Alexa doch sehr künstlich. Ich bin gespannt auf die Zukunft :)iLike 0
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freches Tier 15. Mai 2017 um 14:41 Uhr ·„Hacker und andere Kriminelle“ so so :)iLike 1