Die Traumata der Tech-Titanen (Die Kolumne)
Nun also KI. Apple veranstaltet einen KI-Kongress für seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Ich vermute, dass nicht alleinig Siri das Thema sein wird, sonst wäre die Veranstaltung nach 15 Minuten beendet. Apple hat wie viele andere begriffen, dass Künstliche Intelligenz der nächste „Moonshot“, die nächste disruptive Innovation, sein könnte oder bereits ist. Und ich vermute weiterhin, dass das ganze Silicon Valley eine panische Angst hat vor… vor was eigentlich? Auf jeden Fall vor einem Bankrott der eigenen Firma, aber vielleicht noch mehr vor einem Bedeutungsverlust. Google? War da mal was? Facebook? Das war doch mal so eine Seite mit Likes, oder? Diese Vorstellung bereitet den Chefs (wir sagen gerne CEOs) wahrscheinlich schlaflose Nächte. Und das aus gutem Grund, tragen doch viele Tech-Titanen mindestens ein Trauma mit sich herum.
Beispiel Apple
Im März 1997 meldeten die Nachrichtensender die bevorstehende Pleite von Apple. Sehr viel später verriet Steve Jobs, dass die Pleite nur noch 90 Tage entfernt lag. Wir alle kennen den Verlauf der Geschichte und den Retter Steve Jobs (eines der rettenden Produkte damals war übrigens der iMac) und den Strategen Tim Cook, die unsere kleine Garagenfirma zur Gelddruckmaschine auf Ecstasy umformten. Das Trauma jedoch bleibt, durch falsche Unternehmensentscheidungen, seltsame Produkte und / oder schlechtes Management, ins Bodenlose zu fallen.
Beispiel Microsoft
Vom Olymp in den Hades ist es nicht weit. So erging es auch Microsoft im Jahr 1995. Die schnucklige Firma mit dem witzigen Betriebssystem Windows brachte in diesem Jahr vollmundig eine neue Version heraus, die sie orginellerweise Windows 95 nannten (später wurden sie von dem Jahr 00 überrascht und benannten die Versionen um, aber das ist eine andere Geschichte). Und sie verschliefen regelrecht den damaligen Moonshot, das Internet. Von diesem traumatischen Fehler erholte sich Microsoft nie so ganz. Auch deshalb investiert der Konzern massiv in ChatGPT und kündigte an, die KI in Bing (das ist eine Art Google für Anfänger) zu integrieren.
Beispiel Samsung
Im September brachte unsere Drei-Sterne-Firma das Galaxy Note 7 (das mit dem Überspringen von Versionsnummern hat Apple nicht erfunden, es gab kein Note 6) auf den Markt, das – sagen wir es vorsichtig – ein kleines Akkuproblem hatte. Nach Ausfällen, Überhitzungen bis hin zu Explosionen startete Samsung eine Austauschaktion, die die Probleme aber nicht behoben. Es blieb ein gigantischer Imageschaden, groß genug für ein ordentliches Trauma.
Beispiel Facebook
2012 war der Zeitpunkt, als zum ersten Mal mehr Menschen über mobile Geräte das Internet nutzten als mit dem klassischen PC. Diesen Trend hatte Facebook kommen sehen, wusste aber keine Strategie, sein lukratives Werbe- und Datenhändlergeschäft fortzuführen. Der Aktienkurs schwächelte bedenklich. Wir wissen inzwischen, dass unser Freund Marc noch so eben die Kurve bekam und Facebook nicht nur retten, sondern hochprofitabel machen konnte. Das Trauma blieb sicherlich.
Beispiel Google
Wir haben in dieser kleinen Wohlfühl-Kolumne nicht genug Platz, alle Google-Flops aufzulisten und irgendwie scheint Google auch eine andere Firmenkultur des gepflegten Scheiterns zu haben. Nennen wir also einige Beispiele: Google+ (das arme Plus vor Zeiten des Symbols für größere Smartphones), Answers (nicht fragen!), Knol, Google Compare, Google Pack, Google Checkout, Project Ara und natürlich Google Glass. Der Mischkonzern mit dem Chef Sundar Pichai hat weniger Angst vor dem Flop als davor, einen wichtigen Trend zu verpassen. So ist die fast panische Ankündigung von Google Bard zu verstehen, die mit einer Blamage bei der Präsentation zudem noch selbst mächtig floppte. Google versucht alles und jedes, um ja nichts zu verpassen. Und zum ersten Mal könnte der nächste Moonshot das sehr einseitige Geschäftsmodell von Google ernsthaft in Gefahr bringen. KI.
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