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InvisibleShield UV-Sanitizer im Test: Funktionieren die Handy-Bakterienkiller wirklich? | REVIEW

Die UV-Sanitizer für Smartphones sind gerade in aller Munde. Man soll damit seine dreckigen Smartphones und Co. einfach reinigen und von schädlichen Bakterien und Co. befreien können. Doch funktioniert das wirklich?

Der InvisibleShield UV-Sanitizer für Smartphones möchte sich als handliche Alternative zu professionellen UV-Desinfektionsapparaten positionieren. Im Test fällt hauptsächlich die einfache Handhabung auf. Die Wirksamkeit konnte ich mittels Nährböden-Abstrichen bedingt nachvollziehen. Eine hundertprozentige Reinheit erreichte das Gerät allerdings nicht. Der Preis von knapp 30 Euro ist angesichts der potentiellen Wirkung durchaus attraktiv.

Dreckschleuder Smartphone

Schauen wir uns die Sache erstmal von einer wissenschaftlichen Perspektive an. Eine britische Studie (n=23, t=2 Wochen) von Andrews et al. 2015 ergab, dass Personen knapp 85 Mal pro Tag ihr Handy checken – ca. 2,3 mal so oft wie von den Studienteilnehmern selbst eingeschätzt. Die tägliche Gebrauchsdauer lag bei 5,05 Stunden, was in etwa den Selbsteinschätzungen entsprach (4,12 Stunden).¹

Eine Untersuchung von Kõljalg et al. 2017 ergab, dass die Mobiltelefone von Schülern der Sekundarstufe eine starke bakterielle Kontamination aufweisen. Der Median der nachgewiesenen bakteriellen 16S-rRNA-Genkopien pro Telefon lag bei 17.032.² 

Das bedeutet, wir setzen uns täglich einer hohen bakteriellen Belastung aus. Diese muss zwar nicht dringend schädlich oder gefährlich sein. Dennoch habe zumindest ich ein besseres Gefühl, wenn ich weiß, das Smartphone ist einigermaßen sauber.

UV-Licht als Killer

Vielleicht wisst Ihr ja, dass ultraviolettes Licht eine wirksame Waffe gegen Bakterien sein kann. Niels Finsen gewann 1903 den Nobelpreis für diese Entdeckung. Statt UVA und UVB ist aber nur das kurzwellige UVC-Licht wirklich effektiv. Dieses wird von unserer Atmosphäre komplett absorbiert, es dringt also nicht bis zur Erdoberfläche vor. Folglich konnten sich Bakterien im Laufe der Evolution nie daran anpassen.³ ⁴

Neben Bakterien wirkt UV-Licht auch gegen Viren – sogar das Coronavirus. Der LightStrike-Roboter des US-amerikanischen Unternehmens Xenex erreichte innerhalb von zwei Minuten einen Desinfektionsgrad von mehr als 99,99 Prozent gegen SARS-CoV-2.⁵

Selbstverständlich ist ein solch teurer Roboter keine Option für den klassischen Hausgebrauch – auch weil UV-Licht nicht ungefährlich ist. Deshalb gibt es zunehmend mehr Tools, die UV-Technologie zur Reinigung verwenden und dabei handlich sowie preisgünstig sind. 

Sauberes Smartphone dank UV-Licht

InvisibleShield hat quasi eine Mini-Version des oben genannten Desinfektionsroboters auf den Markt gebracht. Damit können Privatanwender Ihr Smartphone innerhalb einiger Augenblicke von Bakterien befreien. Dafür müsst Ihr den UV-Sanitizer lediglich mit Strom versorgen und Euer Handy darin platzieren. Nach dem Einschalten des kleinen weißen Kästchens dauert es nur fünf Minuten, bis das Gerät rundum desinfiziert sein soll. Der Hersteller gibt an, dass 99,9 Prozent der Oberflächenbakterien (Arten: Staphylococcus aureus und Escherichia coli) dadurch abgetötet werden. 

Auf der Verpackung findet man die relevanten Informationen des Sanitizers, inklusive der Desinfektionsversprechen des Herstellers.

Auf der Verpackung findet man die relevanten Informationen des Sanitizers, inklusive der Desinfektionsversprechen des Herstellers. (Bild: Valentin Heisler)

Der Aufbau des Sanitizers ist denkbar einfach. Im Inneren befindet sich eine kleine Schale, in die Ihr Euer Smartphone legen könnt. Rundherum sind mehrere UV-Dioden angeordnet, die es nach dem Einschalten bestrahlen. Ein Magnetmechanismus sorgt dafür, dass das Gerät erst eingeschaltet werden kann, wenn der Deckel geschlossen ist – eine wichtige Sicherheitsmaßnahme. Auf der Rückseite befindet sich ein USB-C-Anschluss für die Stromzufuhr. Ansonsten macht der weiße Kasten eher einen weniger hochwertigen Eindruck. Im Zweifel siegt hier aber die Leistung, nicht die Optik.

Mehrere Dioden bestrahlen das Smartphone mit UV-Licht.

Mehrere Dioden bestrahlen das Smartphone mit UV-Licht. (Bild: Valentin Heisler)

Was kann er wirklich?

Das klingt in der Theorie ja alles super. Aber was sagt die Praxis?

Immerhin kann ein Hersteller alles mögliche über seine Produkte erzählen. Ob es stimmt, steht auf einem anderen Blatt. Also wollte ich herausfinden, was der UV-Sanitizer wirklich kann. Natürlich sind meine Mittel eingeschränkt aber ich habe versucht, mein Bestes zu geben. 

Methode

Deshalb habe ich mir Agar-Nährböden besorgt, um die Bakterienkontamination meines Displays zu messen. Ich gebe zu, dass das wahrscheinlich nicht die idealste Methode ist, aber immerhin etwas. 

Ich habe ein iPhone 11 Pro Max und ein iPhone 12 Pro komplett mit Alkohol gereinigt und eine Woche lang etwa gleich intensiv verwendet. Die App-Nutzung war bunt gemischt, es wurde telefoniert und nicht mehr oder weniger auf Hygiene geachtet als sonst auch.

Nach einer Woche habe ich Nährböden mit den Oberflächen der „kontaminierten“ und anschließend gereinigten iPhones behandelt. Jeweils habe ich ein einen Abstrich mit einem Tupfer (Bild: „Watte“) gemacht und einen weiteren Nährboden direkt auf das Display geklatscht (Bild: „Direkt“). Die Präparate konnten zehn Tage bei einer gleichbleibenden Temperatur von 20 Grad wachsen, Luftfeuchtigkeit bei etwa 60 Prozent. 

Der ursprüngliche Aufbau enthielt auch noch Abstriche mittels Nadel, hierbei ergab es allerdings keine Ergebnisse.

Der ursprüngliche Aufbau enthielt auch noch Abstriche mittels Nadel, hierbei ergab es allerdings keine Ergebnisse. (Bild: Valentin Heisler)

Ergebnisse

Die Resultate waren relativ verblüffend. Auf dem Watte-Abstrich des unbehandelten iPhone 11 kann man klar Bakterienkulturen sehen, die in ihrer Struktur fast dem Inneren eines Trüffels ähneln. Auf dem Nährboden des behandelten iPhone 11 Pro Max konnte ich dafür nichts erkennen. Hier könnte man also behaupten, dass der UV-Sanitizer eine gewisse Wirkung gezeigt hat. Allerdings ist die Bakterienaufnahme (und -abgabe) durch einen Tupfer nicht sehr groß.

Die Ergebnisse des Watte-Tests

Die Ergebnisse des Watte-Tests (Bild: Valentin Heisler)

Beim zweiten Versuch lag der Nährboden direkt auf dem Display und konnte viel mehr „Material“ aufnehmen. Auf dem Nährboden des unbehandelten iPhone 12 Pro finden sich erneut einige Kulturen, vor allem auch mehrere Kleinere. Interessanterweise finden sich auf dem Nährboden des behandelten iPhone 11 Pro Max auch einige kleine Stämme, die jedoch weitaus weniger ausgeprägt sind als beim unbehandelten Gerät.

Das kann nun mehrere Ursachen haben. Der UV-Sanitizer ist kein professionelles Laborgerät und kann mit ein paar kleinen Lämpchen wahrscheinlich nicht alles restlos killen – das behauptet der Hersteller aber auch nicht. Genauso wenig habe ich in einem Reinraum oder einem Labor gearbeitet. Deshalb können genauso gut Verunreinigungen aus der Luft etc. auf den Nährboden gekommen sein.

Die Ergebnisse des Direkt-Tests

Die Ergebnisse des Direkt-Tests (Bild: Valentin Heisler)

Zusammenfassung

Insgesamt zeigen die Ergebnisse ganz gut, dass das Gerät eine gewisse Funktionalität haben könnte, diese aber nicht überschätzt werden sollten – auch in Bezug auf die Wirksamkeit gegen Viren wie etwa SARS-CoV-2. Denn hier gibt es zwar aussagekräftige Journals, welche jedoch in viel professionellerem Ausmaß durchgeführt wurden. Zudem sollte man festhalten, dass der Hersteller die 99,9-prozentige Wirksamkeit auf gerade einmal zwei Oberflächenbakterien (Staphylococcus aureus und Escherichia coli) beschränkt.

Letztendlich bleibt es also ein handelsübliches Device für Otto-Normalverbraucher, wovon man sich keine Wunder erwarten sollte. Dennoch kann es Sinn machen, das Gerät in seinen Reinigungs-Workflow – neben klassischen Putzmittelchen – einzubinden. Für einen Preis von rund 30 Euro macht man hier nämlich wenig falsch.

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Literatur

¹ Andrews, S./Ellis, D. A./Shaw, H./Piwek, L.: Beyond Self-Report: Tools to Compare Estimated and Real-World Smartphone Use. In: PLoS ONE 10 (10), San Francisco 2015. DOI: 10.1371/journal. pone.0139004

² Kõljalg, S./Mändar, R./Sõber, T./Rööp, T./Mändar, R.: High level bacterial contamination of secondary school students’ mobile phones. In: GERMS 7(2), Bukarest 2017. DOI: 10.18683/germs.2017.1111

³ Nobel Media AB 2020: The Nobel Prize in Physiology or Medicine 1903. URL: https://www.nobelprize.org/prizes/medicine/1903/summary/, Stand 20.11.2020.

⁴ IUVA 2020: UV FAQs. URL: https://iuva.org/UV-FAQs, Stand 20.11.2020.

⁵ Simmons, S. E./Carrion, R./Alfson, K. J./Staples, H. M./Jinadatha, C./Jarvis, W. R./Sampathkumar, P./Chemaly, R. F./, Khawaja, F./Povroznik, M./Jackson, S./Kaye, K. S./Rodriguez, R. M./Stibich, M. A.: Deactivation of SARS-CoV-2 with pulsed-xenon ultraviolet light: Implications for environmental COVID-19 control. In: Infection Control & Hospital Epidemiology (2020). DOI: 10.1017/ice.2020.399


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Valentin Heisler
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5 Kommentare zu dem Artikel "InvisibleShield UV-Sanitizer im Test: Funktionieren die Handy-Bakterienkiller wirklich? | REVIEW"

  1. Wolfgang D. 22. November 2020 um 16:41 Uhr ·
    Sehr schön. Die Blütezeit der Hypochonder hat gerade erst begonnen, und in einigen Jahren geht wieder das Gejammer über zuviel Desinfektion los, weil die Leute bei der kleinsten Bazille keine Widerstandskräfte mehr haben. Das Gerät für Leute, deren Garage schon vom Reis, Nudeln und Klopapier überquillt.
    iLike 15
    • Thorsten 22. November 2020 um 16:55 Uhr ·
      Du nimmst mir das Wort aus dem Mund.
      iLike 3
  2. Yannik 22. November 2020 um 16:47 Uhr ·
    Sehe ich ähnlich wie D. Völlig übertrieben.
    iLike 1
  3. Bambusradler 22. November 2020 um 16:57 Uhr ·
    das ging jetzt zu schnell. Hallo Redaktion, könnt ihr den ersten Beitrag von mir bitte wieder rausnehmen? Danke. Was wäre der Mensch ohne Bakterien? Auf der Haut, im Mund, vom Darm ganz zu schweigen. Ich möchte meine nicht missen. Ohne sähen wir richtig alt aus, und vieles würde nicht funktionieren. Dann ist es so, das mein iPhone nur von mir benutzt wird. Woher also kommen die darauf zu findenden Bakterien? Überraschung, von mir. Ob die dann wirklich so schlecht für mich sind? Das darf bezweifelt werden. Bakterien sind nicht pauschal schlecht oder gar böse. Es gibt solche und solche. Einfach alles platt machen was platt zu machen geht ist doch sinnfrei. Nichts gegen eine vernünftige Hygiene, vor allem bei Gegenständen, die von vielen Leuten berührt werden. Aber das hier hört sich für mich sehr stark nach „aus Angst Geld machen“ an.
    iLike 3
  4. Stefan 22. November 2020 um 17:25 Uhr ·
    Generell ist der Hinweis ja nicht verkehrt, jedoch tut es ein desinfektionsspray sicherlich auch. Sollen sie UVC doch bitte da einsetzten wo es sinnvoll ist, wie zb in der Lüftung/ Luftreiniger
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