Kamera-Style-Berater: Was Amazon mit dem „Echo Look“ vor hat
„Guten Tag, wir sind ein großes datenverarbeitendes Unternehmen, dessen Cloud-Daten auch zur Strafverfolgung und von Geheimdiensten genutzt werden, und möchten eine Kamera mit Mikrofon und Internetanschluss in Ihrem Schlafzimmer aufstellen.“ – Der wahr gewordene Albtraum eines jeden Datenschützers. Oder kurz: Amazon präsentiert eine neue Version seines Heimassistenten Echo mit Kamera – den Echo Look.
Bitte Lächeln: Amazon Echo nun auch mit Kamera für Modebewusste
“Alexa, take a photo.” Introducing Echo Look—hands-free camera and style assistant.Request an invitation https://t.co/3jiktJdD0k @amazonecho pic.twitter.com/bFATRwNvq6
— Amazon.com/Fashion (@AmazonFashion) 26. April 2017
Zwei Monate nach Entdeckung eines ersten Produktbildes auf Amazons Servern, stellte der Konzern nun endlich vor, was sich dahinter verbirgt: Im Gegensatz zu den bisherigen Erwartungen handelt es sich dabei jedoch nicht um eine Kamera, sindern um die neue Version des Heimassistenten Echo – den Echo Look.
Im Grunde kann der Echo Look alles, was die Vorgänger auch bereits konnten: Nachrichten abrufen, das Wetter vorhersagen, Wissensfragen beantworten, Musik abspielen, Smart-Home-Geräte steuern, Einkaufslisten erstellen und so weiter. Vom normalen Echo und dem kleinen Echo Dot ohne Lautsprecher unterscheidet sich der Echo Look im Wesentlichen von der erstmals neu hinzugekommenen 5-Megapixel-Kamera, die von einem kräftigen Blitzlicht unterstützt wird. Wer glaubt, Amazon würde damit in den Markt der Smart-Home-Überwachung und Babyphone einsteigen, irrt: Bisher richtet sich das digitale Auge samt zugehöriger App nämlich nicht an Technikbegeisterte, sondern an modebewusste Kunden. Nach den guten, aber noch ausbaufähigen Verkaufszahlen könnte Amazon mit dem Echo Look auf diese weise eine ganz neue Zielgruppe erschließen.
Mttels Live-View können sich die Nutzer auf dem Smartphone wie im Spiegel von allen Seiten betrachten, während sie sich drehen. Per Sprachbefehl lassen sich außerdem Fotos oder kurze Videos schießen und in der zugehörigen App ansehen. Diese fungiert für eine besonders modeinteressierte Zielgruppe zugleich als eine Art Stylebook. Dank eines Tiefensensors lassen sich die Fotos auch mit dem Bokeh-Effekt versehen, bei dem der Hintergrund verschwommen dargestellt wird, um das eigentliche Motiv stärker in den Fokus zu rücken. Die Bilder lassen sich außerdem über soziale Netze mit Freunden teilen und auf diese Weise Ratschläge und Meinungen einholen.
Alexa bittet zum Style-Check
Wer keine sozialen Netzwerke nutzt oder keine modebewussten Freunde hat, kann sich aber auch direkt von Alexa beraten lassen. Unter Berücksichtigung von von Passform, Styling, Farbe, Saisonalität, aktuellen Trends und den eigenen Vorlieben kann Alexa auf Wunsch beispielsweise das bessere aus zwei Outfits wählen. Maschinelles Lernen in Verbindung mit Input von menschlichen Mode-Experten machen es möglich. Die KI lernt ständig dazu, sodass Alexa mit der Zeit immer bessere Ratschläge gibt.
Anders als Heidi Klum hat Alexa dabei immer ein Foto für dich. Die Aufnahmen werden in Amazons Cloud gespeichert – unbegrenzt.
„Alle mit dem Echo Look aufgenommenen Fotos und Videos werden sicher in der AWS-Cloud gespeichert und liegen lokal in der Echo-Look-App, bis ein Nutzer sie entfernt.“
Denn basierend auf diesen Daten schlägt das Unternehmen weitere Outfits aus dem Amazon-Shop vor.
Streitpunkt Datenschutz
„Alexa arbeitet in der Cloud und wird immer klüger.“
Was erstmal werbewirksam und nach einem Vorteil klingt, kann den ein oder anderen vielleicht aber auch beunruhigen. Selbst die Vorgänger, Echo und Echo Dot, die beide lediglich mit einem Mikrofon ausgestattet sind, wurden von Datenschützern bereits heftig kritisiert. Da wundert es kaum, dass ein Modell, welches uns zusätzlich auch noch mit einer Kamera überwacht, erneut in die Kritik gerät.
Die Kamera wird bisher aber nur auf einen entsprechenden Sprachbefehl hin ausgelöst. Mit einem Schalter lassen sich Kamera und Mikrofon auf Wunsch auch komplett deaktivieren. Mit welchen Techniken man die Daten genau schützt, verrät Amazon leider nicht. Auf Nachfrage von Zeit Online versicherte der Konzern zumindest: „Amazon gibt keine persönlichen Daten an Werbetreibende oder Drittanbieter weiter, die Produktempfehlungen zeigen.“
With this data, Amazon won’t be able to just sell you clothes or judge you. It could analyze if you’re depressed or pregnant and much else. pic.twitter.com/irc0tLVce9
— Zeynep Tufekci (@zeynep) 26. April 2017
Die Soziologin Zeynep Tufekci wies außerdem darauf hin, dass Amazon aus den Bildern auch ablesen könnte, ob man beispielsweise [übergewichtig], schwanger oder depressiv ist. Zwar gibt es keine Indizien für solche Gesundheitsdaten, die Möglichkeit lässt sich allerdings nicht leugnen.
Echo Look könnte mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen
Mit der Ausrichtung auf eine neue Zielgruppe, könnte der noch ausbaufähige Absatz des Heimassistenten steigen. Dem klassischen Rollenmodell folgend, wurden die vermehrt technikbegeisterten Herren nämlich bereits von den Vorgängern angesprochen – mit der Ausrichtung auf Mode könnte die allgemeine Akzeptanz – insbesondere beim weiblichen Geschlecht – nun zunehmen.
Bisher haben nicht einmal die Hälfte aller Alexa-Nutzer schon eimal per Sprachbefehl einen Artikel auf die Einkaufsliste gesetzt. Nur jeder zehnte Nutzer tut dies häufiger. Wie viele dieser Listenpunkte schließlich in einem Kauf mündeten, ist unbekannt. Zumindest den Verkauf von Bekleidung könnte das neue Haupt-Feature künftig ankurbeln. Sollte Amazon zusätzlich eine Funktion zur digitalen Anprobe implementieren, könnte dies zudem die Zahl der Retouren minimieren.
Obwohl Amazon dem Markt der Smart-Home-Überwachungskameras und Babyphones mit dem Echo Look bislang keine Konkurrenz zu machen droht, wäre es für den Konzern ein Leichtes, dies mit einem künftigen Update zu ändern.
Auch eine Bewegungs- oder Gestensteuerung wäre denkbar. Vielleicht kann der Echo Look damit in Zukunft auch stumme Menschen verstehen.
Preis und Verfügbarkeit
Vorerst wurde Echo Look nur in den USA vorgestellt. Dort kann er nach Einladung für knapp 200 US-Dollar erworben werden. Ob, wann und zu welchem Preis Amazon den Echo Look auch in Deutschland verkaufen will, ist noch nicht bekannt. Der neue Heimassistent dürfte es aber seinen beiden Vorgängern Echo und dem kleineren Echo Dot gleich tun und in absehbarer Zeit den Sprung über den großen Teich wagen.
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11 Kommentare zu dem Artikel "Kamera-Style-Berater: Was Amazon mit dem „Echo Look“ vor hat"
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Inni 28. April 2017 um 13:48 Uhr ·Alles Schwachsinn hoch drei.iLike 19
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vm24c 28. April 2017 um 13:53 Uhr ·Es erstaunt mich immer mehr, was die heutige technische Entwicklung für Möglichkeiten mitbringt! Fortschritt ist wichtig und gut. Aber NIEMALS werde ich mir eines solcher Geräte in meine Nähe holen!iLike 12
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Womahadude 28. April 2017 um 14:09 Uhr ·Ich komme vom Dorf und unabhängig von dem fragwürdigen Datenschutz empfinde ich das als richtig sinnlos! Da gibt es weitaus sinnvollere Dinge Leben…iLike 8
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JoJo 28. April 2017 um 14:12 Uhr ·Mir fehlen die Worte ???iLike 12
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Stephan 28. April 2017 um 14:50 Uhr ·Aha, keine Daten an Dritte die Produktempfehlungen zeigen. Und was ist mit denen (4. 5. 6…) die keine Produktempfehlungen schalten?iLike 3
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Halb&Halb 28. April 2017 um 16:27 Uhr ·Jawoll, mit der Kamera empfiehlt das Gerät dann, diese Klamotte oder diese Klamotte steht dir besser, musst nur dann dies dafür ausgeben.iLike 2
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KleinerAbbuzze 28. April 2017 um 22:03 Uhr ·Gut wenn man auf dem Land wohnt und einem die Bandbreite für solch einen Schwachsinn fehlt xDiLike 3
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Thorsten 29. April 2017 um 12:40 Uhr ·Es ist doch wie so oft, nutzt es oder lasst es bleiben. Aber die Technik ist schon interessant und wird sicher auch bald für andere Dinge nutzbar sein.iLike 0
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Jonas 30. April 2017 um 23:40 Uhr ·Prinzipiell gut-aber ich nutze dann doch lieber Zalon…iLike 0
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Malleralle 1. Mai 2017 um 14:01 Uhr ·George Orwell „1984“ lässt grüßen !iLike 4
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moeNES 2. Mai 2017 um 18:23 Uhr ·Hast du das Buch überhaupt gelesen.iLike 0
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