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Kommentar: Das Apple nach Jony Ive

So unpassend es auch klingen mag, den Tod von Steve Jobs irgendwie in Verbindung mit Jony Ives Abgang von Apple dieses Jahr zu bringen, möchte ich dennoch meine Argumente dafür vortragen. Denn ähnlich dem Ausscheiden von Steve Jobs 2011 als CEO, birgt auch der Abgang von Jony Ive 2019 auf der einen Seite zwar Risiken, auf der anderen Seite aber ungeahnte Chancen. Und die überwiegen.

Jony Ive hat Apple nicht nur geprägt, sondern mit Steve Jobs und einigen wenigen anderen wieder aufgebaut. Seine Designs des ersten iMacs, iPods und iPhones hatten damals noch viel mehr Gewicht, als heute Design in der Tech-Branche hat. Ives Design prägte die ganze Branche, Computer und Personal-Tech Produkte waren auf einmal cool und schick, nicht mehr geeky.

Design war freilich nicht das einzige, aber sicher jenes Alleinstellungsmerkmal, das in der Öffentlichkeit mit Apple in Verbindung gebracht wurde. Schicke Designs, hochwertige Materialien, nahtlose Verarbeitung. Davon zehrt Apple noch heute, selbst in Zeiten, in denen man objektiv gesehen nicht zwingend die schönsten Smartphones baut.

Der Wert von Design hat sich verschoben

Doch besonders in den letzten Jahren hatte man das Gefühl, dass sich Apples Designsprache nicht nur verändert hat, sondern teilweise krampfhaft an Werten festgehalten wurde, die vielleicht kontraproduktiv sind. Warum muss das iPhone eigentlich so dünn sein, wo doch alle Welt nach mehr Akku und besseren Kameras schreit? Warum müssen die MacBooks noch dünner werden, während dafür an deren genialem Kapitel, eine vollwertige Tastatur, gesägt wird?

Ebenso hat sich der Stellenwert von Design verändert. Greifen die Kunden heute wirklich zum iPhone, weil es das schönste Gerät ist? Vielleicht manche, aber die Masse legt mehr Wert auf iOS, das gesamte Ökosystem und Features wie Face ID. Auf der Apple Homepage findet auf der iPhone Xs Unterseite nicht einmal mehr den Punkt „Design“. Ausgeschrieben werden stattdessen „Face ID“, „Nur das iPhone“, „A12 BIONIC“ und andere Features.

Nun, Steve Jobs hatte einmal gesagt, Design ist nicht wie etwas aussieht, sondern wie etwas funktioniert:

“Most people make the mistake of thinking design is what it looks like. People think it’s this veneer – that the designers are handed this box and told, ‘Make it look good!’ That’s not what we think design is. It’s not just what it looks like and feels like. Design is how it works.”

Und das mag auch stimmen. Ive hatte nicht nur die Aluminiumsorte oder die Beschaffenheit der Apple Watch ausgewählt, sondern das gesamte Produkt durchdacht. Doch Fakt ist: Die Designwelt in der Techbranche hat sich verändert.

https://www.youtube.com/watch?v=CEW4D_CERkE&t=48s

Die Chancen „Post-Ive“ sind groß

2011 war man sich unsicher: Beginnt jetzt der Untergang von Apple, oder vielmehr ein neues Kapitel? Acht Jahre später könnte man langsam aber sicher zu letzterem tendieren. Apple hat Jobs wohl überdauert. Und das ist extrem wichtig. Einzelne Personen, an denen ein Unternehmen steht und fällt, können genial aber irgendwann toxisch wirken.

Und hier kommt mein Vergleich mit Steve Jobs. Jobs war der große Visionär und Vordenker, der Apple gegründet und später von der Pleite zum Weltkonzern geführt hatte. Doch er war auch jener sture Kopf, der skrupellos und verletzend agierte. Einer, der Fehler nicht gerne eingestand und eine Veränderung und Öffnung von Apple in wichtigen Bereichen blockierte. Tim Cooks Apple ist offener in der Kommunikation, setzt sich aktiv und lautstark für Umweltschutz, Menschenrechte, Privatsphäre und politische Themen ein. Die kommunizierten Werte von Apple haben sich teilweise verschoben. Apple wirkt frischer und moderner, selbst wenn sich nicht alle Bereiche zum Positiven verändert haben.

Die „Post-Ive“ Ära könnte deshalb ähnliche Chancen und Risiken bieten.

Auf der einen Seite: Entscheidungen, Designs oder ganze Produkte, die unter dem Sir nicht möglich waren. Ive ist ja nicht weg. Doch alleine die Wirkung, dass er nicht mehr bei Apple, sondern für Apple arbeitet, ist natürlich weitreichend. Vielleicht bekommen wir tatsächlich eine etwas neue Designsprache. Und auf jeden Fall weniger Abhängigkeit von einer Person. Möglich wäre auf der anderen Seite aber auch ein Verfall der Designwerte von Apple. Sogar, dass Design an sich weniger wert ist. Dass Apples Designtouch verloren geht. Das bleibt es abzuwarten.

Das neue Apple

The Verge hatte heute eine spannende Einschätzung veröffentlicht, wonach der Weggang von Ive ein weiteres Loslösen Apples von den menschlichen Genies ist. Apple ist mehr als die bekannten Personen. Mehr als Steve Jobs als Gründer und mehr als Jony Ive im Design.

Gegenüber der Financial Times hatte Tim Cook persönlich gesagt, dass Entscheidungen bei Apple mehr im Team gefällt werden. Das Unternehmen würde horizontal funktionieren. Jobs war zwar auch der Ansicht, dass die besten Ideen, nicht Hierarchie Entscheidungen treffen sollten. Doch das Apple unter Jobs war deutlicher eher geleitet von wenigen mächtigen Executives. Es gab keine Komitees laut Jobs. Das neue Design Team sieht da aber anders aus. Es wird nicht einmal von einer Person geführt, sondern gleich von zwei.

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Das ist auch kein Umbruch von heute auf morgen. Ives Rückzug hatte sich in den letzten Jahren schon angedeutet. Er erschien nicht mehr täglich im Büro und gab leitende Posten ab. Was wir jetzt sehen ist die sichtbare Konsequenz.

Apples neue Ausrichtung, weg von einzelnen Entscheidungsträgern und hin zu mehr Komitees, war absehbar. The Verge titelt heute „Design by committee isn’t necessarily bad.“

Das wird sich herausstellen. Die Gefahren sind zwar da. Aber vor allem auch die breiten und nie dagewesene Möglichkeiten.

Was meint ihr? Bewegt sich Apple ohne Jony Ive in die richtige Richtung?

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Lukas Gehrer
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15 Kommentare zu dem Artikel "Kommentar: Das Apple nach Jony Ive"

  1. TG 28. Juni 2019 um 19:54 Uhr ·
    Warum kann man nicht einfach mal zugeben, dass man jemand wertvolles verloren hat und dies bedauert. „Die Chancen sind groß und die Überwiegen“ ja klar aber die muss man erstens erkennen, zweitens ergreifen, drittens umsetzen und viertens halten. All das hatte man mit Ive schon sicher in der Tasche und Apple hat es auch schon in der Vergangenheit ordentlich versaut. Ich seh die großen Chancen eher als Sternenguckerei an.
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    • User 28. Juni 2019 um 23:55 Uhr ·
      Frischer Wind vermag nicht den sofortigen Untergang verheißen. Engstirnigkeit und der Gedanke „das war immer so“ schon eher. Einfach mal der Möglichkeit zur Veränderung eine Chance geben. Es gibt immer noch genug Unzufriedenheiten im Design. Denn Design ist Kunst und Kunst unterliegt des individuellen Geschmacks.
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  2. werni70 28. Juni 2019 um 20:52 Uhr ·
    Sehe ich wie der Autor. Design um jeden Preis auf Kosten technischer Eigenschaft kann nicht der Weg sein. D.h. ist es eine Chance.
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  3. Fanboy 28. Juni 2019 um 21:01 Uhr ·
    Man kann es doch nicht wirklich beurteilen.Was wirklich gelaufen ist und was wirklich dahinter steckt,wird die Öffentlichkeit nie erfahren.Ob es interne Machtkämpfe waren,oder,oder,oder….die Chancen stehen 50/50 und keiner kann sagen,was kommen wird und ob es gut sein wird.Also alles Rätselraten ist absolut sinnlos…wir als Fans und Kunden müssen überzeugt werden,in Zukunft auch weiter Apple treu zu bleiben und das Wissen Tim Cook und Co auch…Warten wir es ab und lehnen uns zurück…😉
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    • Schmitty 28. Juni 2019 um 21:42 Uhr ·
      Die neuen Chancen müssen nun die zwei Neuen ergreifen und genau wie es Tim nach Steve gemacht hat umsetzen und Apple weiter auf einen Weg in die Zukunft bringen. Was dabei am Ende heraus kommen wird, werden die Jahre zeigen! Ich sehe das ganze Positiv und auch wie der Autor selbst. Einfach mal machen lassen!!!
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  4. Cartman115! 28. Juni 2019 um 21:19 Uhr ·
    Ich sehe den Weggang auch eher als Einbuße anstatt als Chance für Apple. Aber man kann sich ja alles schönreden. Ich brauche keine 3 Kameras am handy, vielleicht ist auch das stagnierende Design und der zwanghafte Versuch es jedem Kunden recht zu machen der Grund warum er von Apple weggeht. Früher war Apple mehr das friss oder stirb Produkt. Qualität und Quantität und das eben auch zu einem hohen Preis. Wenn das iPhone optisch wieder einfacher werden würde wäre das schon was. 1 Kamera hinten würde mir reichen und die wieder eben mit dem backcover!
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    • Fanboy 29. Juni 2019 um 00:06 Uhr ·
      Das hat doch überhaupt nichts mit schönreden zu tun.Es ist ein Fakt das er geht und der Entschluss steht fest.In wie weit er jetzt noch für Apple tätig sein wird,weiß keiner hier von uns.Was erwartest Du,soll Apple deswegen jetzt resignieren?Mit Deiner Cam Meinung stehst Du ziemlich alleine da…Denn der Markt und/oder Tims AR wollen/brauchen diese 3 Cams….da kannst mit Deiner subjektiven Meinung argumentieren wie Du willst…
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  5. Wagnersjens 28. Juni 2019 um 21:57 Uhr ·
    Eine Linse vorne und eine hinten, ein Retina display, und keine Auflösung, die eh nur noch fürs Datenblatt ist, weil niemand so gute Augen hat. Und ein Akku, der lange durchhalten kann. Das ist mehr als ausreichend für den normalen Kunden. Ein Profi nutzt kein Telefon für eine aufwendige Videoproduktion und kein Fotograf nimmt ein Telefon zum arbeiten.
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  6. Blub 28. Juni 2019 um 23:15 Uhr ·
    Als ich auf Apple Produkte gestoßen bin war das Ganze ein Erlebnis, vom auspacken bis zum benutzen, es machte in der Gesamtheit einfach nur Spaß vom Anfang bis zum Ende. Ein superschönes Design, eine tolle Verarbeitung und eine tolle Software machten die Technik im inneren völlig uninteressant, früher war es völlig bedeutungslos was innen verbaut war, das Erlebnis war das wichtigste. Dafür war ich auch bereit mehr zu bezahlen. Für mich gehört ein schönes Design zu einem technischen Produkt dazu wie die Schale zum Ei. In den letzten Jahren, nach Steve Jobs, ist vieles verloren gegangen, von diesem feeling. Apple hat sich nicht weiter entwickelt, vermutlich wollte Tim kein Risiko eingehen und hat so die Entwicklung behindert, Umsatz und Aktienkurs über allem, davor hatte Steve Jobs immer gemahnt, das Produkt nicht aus den Augen zu verlieren. Mir ist die letzteren Jahre vieles in Erinnerung geblieben aber nicht das besonders tolle Erlebnis von früher. Mal waren es defekte, mal Software Bugs und natürlich die auffallend größer werdende Gier von Apple, die hat man auf jeden Fall gemerkt. Jonys Weggang von Apple sehe ich bestenfalls für Jony positiv, das Umfeld in dem er arbeitete war ein völlig anderes als damals. Besonders toll fand er es im Campus wohl nicht, wenn er nur wenig vor Ort war. Ich hoffe das er sich jetzt besser entfalten kann und vielleicht sehen wir Produkte von anderen Herstellern mit Design by Jony Ive? Freuen würde es mich weil ich auch nicht unbedingt weiter Apple Produkte kaufen will!
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    • Blub 28. Juni 2019 um 23:16 Uhr ·
      Wer Rechtschreibfehler findet der soll sie Apple melden!
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    • TG 28. Juni 2019 um 23:31 Uhr ·
      Fairerweise muss man sagen, dass Apple mit der Watch an für sich etwas gutes auf die Beine gestellt hat. Obwohl mir hier die „absolute“ Unabhängigkeit vom Iphone fehlt.
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  7. Fanboy 29. Juni 2019 um 00:06 Uhr ·
    Das hat doch überhaupt nichts mit schönreden zu tun.Es ist ein Fakt das er geht und der Entschluss steht fest.In wie weit er jetzt noch für Apple tätig sein wird,weiß keiner hier von uns.Was erwartest Du,soll Apple deswegen jetzt resignieren?Mit Deiner Cam Meinung stehst Du ziemlich alleine da…Denn der Markt und/oder Tims AR wollen/brauchen diese 3 Cams….da kannst mit Deiner subjektiven Meinung argumentieren wie Du willst…
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  8. didodeldö 29. Juni 2019 um 11:35 Uhr ·
    Ich sehe mehr Chancen als Gefahren. Bei vielen Produkten ging die Entwicklung der letzten Jahre in die falsche Richtung wie bereits i. Artikel angesprochen. Wir brauchen keine immer dünneren Laptops, zumindest nicht ausschließlich. Apple kann ja gerne 1 Linie mit ultradünnen Books bauen, das wären dann die Airs. Ansonsten dürften die dann gerne mal ein Model für Ottonormalverbraucher zu einem akzeptablen Preis bauen, dass etwas dicker ist und vielleicht nicht nur TB Anschlüsse inkl. Adapterwahn hat. Als Toplinie können sie dann MBP mit allem Schnickschnack anbieten, der es halt braucht. Früher war es ja auch noch so, als das MacBook einfach der Rechner für den kleineren Geldbeutel war und keine Designstudie für Leute, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld. Das heutige MacBook ist ein völlig überflüssiges Produkt.
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    • TG 30. Juni 2019 um 00:48 Uhr ·
      Ich glaube und ich bin eigentlich sehr pro iOS (nicht Mac), dass die Luft einfach draussen ist. Mit Steve ist der Hauptmotor weggebrochen, danach gabs noch ein aufflackern in form der wiedergeborener Watch die gut läuft. Aber jetzt ist schluss, wenn man den Markt sich anschaut so sind es andere Hersteller, die sich trauen neue Sachen hervor zu bringen. Stichwort Falt-Smartphone, Stichwort erweitere Kamera-Technologien, Stichwort OS auf intelligenten Anzeigegeräten wie z.B. Tragbaren Mini-Beamern von denen viele mit „Android“ laufen. Wenn man sich das so anguckt dann sieht man die Züge vorbei fahren. Der Google Assistant wird schneller fähiger und überholt Siri mittlerweile an mehreren Stellen. Google Maps entwickelt sich weiter, die Apple Karten machen garnix. Ich frage mich wieso und die einzig logische Antwort ist, dass Apple mal einen gewaltigen Lichtblick hatte und das die Smart-Device Welt sehr weit nach vorne brachte, nun aber schlichtweg sich in die Defensive stellt und mit „Werten“ prahlt, aber nicht mit Lieferungen. Geliefert werden nur noch Abos, auf iOS wird sich zum einen Teil ausgeruht und dann kommt man auf die komplett sinnfreie Idee einer OS Spaltung zwischen IPhone und IPad. Das war ja genau das geniale daran… das wird jetzt ebenso zerschossen. Die machen es Android wirklich sehr leicht grinsend vorbei zu ziehen.
      iLike 1
  9. Septimus 30. Juni 2019 um 12:48 Uhr ·
    Danke, dieser Artikel spricht mir aus dem Herzen!!
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