Home » Featured » Mond fotografieren – wo das hinführt (Die Kolumne)

Mond fotografieren – wo das hinführt (Die Kolumne)

Der Mond an der Spitze des Kunstobjekts Zauberlehrling in Oberhausen. Foto von Dr. Marco

Treue Leser und Leserinnen dieser Kolumne wissen, dass ich gerne bei Obstnamen bleibe und mich nicht mit der koreanischen Glückszahl „Drei“ herumschlage, wie Mitsui Group, was übersetzt „Drei Quellen“ bedeutet oder Mitsubishi („Drei Rauten“) oder eben Samsung, die „Drei Sterne“. Dass auch Simsung mal als Lebensmittelhandel begann und sicherlich Obst im Angebot hatte, will ich hier nicht weiter ausführen, auch die Schreibweise des freundlichen Mischkonzerns als Samseong (revidierte Romanisierung übrigens) oder Samsŏng (McCune-Reischauer-Schreibweise) ist nur für Cocktailpartys an Universitäten interessant, denn… es gibt viel Spannenderes von unseren südkoreanischen Freunden zu berichten. Offenbar hat Samsing es übertrieben mit der KI und Mondfotos einfach mal überschrieben. Das Galaxie S21 hat Details komplett neu hinzugefügt, das Bild also nicht nur digital verbessert, sondern (teilweise) ausgetauscht. Und weil die südkoreanische Marketingabteilung mindestens so gut ist wie die kalifornische, heißt das Ganze „Scene Optimizer“ und – sagen wir es offen – it´s a feature, not a bug.

Who watches the watchers?

Spinnen wir diese Geschichte ein wenig weiter und stellen uns vor, dass eine Künstliche Intelligenz (KI) für uns entscheidet, was auf dem Foto zu erscheinen hat und nicht, das, was wir fotografieren wollen. Ach ja, bleiben wir bei englischem Klugscheißen: Who watches the watchers? Also wer entscheidet, was die KI macht?

Unfotografierbare Demos

Als Tourist in – sagen wir – Peking möchte ich den Platz des Himmlischen Friedens fotografieren und tue das auch. Auf dem Foto erscheint nur ein Nebel. Kommt der Staatschef vorbei und ich mache ein Foto von ihm – gespeichert wird das Propagandabild. Dieses Schreckenszenario eines autoritären Systems ließe sich leicht weiterführen. Politiker, die die volle Kontrolle über ihre Bilder auf fremden Smartphones haben, Demonstrationen, die unfotografierbar sind und das Elend der Armen, das sich digital in etwas Besseres verwandelt. Oder Regimekritiker, die auf jedem Foto plötzlich krank, aufgedunsen und drogenabhängig aussehen. Ich stoppe hier und möchte niemanden auf dumme Ideen bringen.

Zeigt ein Foto die Realität?

Schon heute ist ein Foto kein Abbild der Realität (lassen wir eine Diskussion über Realität, Wirklichkeit und Wahrnehmung beiseite) und es wird kräftig mit KI gearbeitet. Und doch gibt es einen wesentlichen Unterschied zu dem, was Somsang (offenbar) getan hat. Grundlage jeder Aufnahme sind die Photonen, die ICH eingefangen habe und die auf dem Kamerasensor am Ende zu Pixeln führen, es ist immer noch MEIN Bild, das ICH fotografiert habe und anschließend verändert wird mit Helligkeit, Kontrast und und und… (Ja, genaugenommen wird nicht nur eine einzige Aufnahme verwendet, aber es sind immer noch meine Photonen!). Außerdem habe ich noch RAW-Aufnahmen, die das unbearbeitete Original darstellen. (Bei der Gelegenheit unser Titelbild zeigt ein Foto von mir, nicht Somsang, den Mond über der Kunst-Installation Der Zauberlehrling in Oberhausen, aufgenommen mit einem iPhone XS ;-))

KI

Käme nun nicht nur Somsing auf die Idee, die Bilder mit künstlicher Intelligenz durch andere, professionelle (wie beim Mond) zu ersetzen oder teilweise zu ergänzen, dann eröffnet sich ein neues Geschäftsmodell, vielleicht als Service im Abo? Ich bezahle und erhalte: Als Schauspieler, ewig jung aussehende Selfies mit Fans, als Hotelier den Strand in Mallorca stets ohne Müll und ohne Sangria-Becher, als Einzelhändlerin ein Ladenlokal mit feiner Ware, hell beleuchtet und lächelnden Angestellten. Auf Fotos. Zum Beispiel auf Insta.

Punkt

Kurz: Geht gar nicht! Zu diesem Zeitpunkt werde ich meine analoge Kamera wieder aus dem Schrank holen.

 

PS Die Rächtschreipfehlers mit Somsang und Galaxiieh sind Apsichd!

 

Unser Kolumnist Dr. Marco ist im Twitter-Urlaub, aber auf Mastodon: fileccia@dju.social

-----
Willst du keine News mehr verpassen? Dann folge uns auf Twitter oder werde Fan auf Facebook. Du kannst natürlich in Ergänzung unsere iPhone und iPad-App mit Push-Benachrichtigungen hier kostenlos laden.

Gefällt Dir der Artikel?

 
 
Marco Fileccia
twitter Google app.net mail

3 Kommentare zu dem Artikel "Mond fotografieren – wo das hinführt (Die Kolumne)"

  1. Goldin 25. März 2023 um 10:35 Uhr ·
    Schön zu lesen und ein Ausblick auf eine mögliche nicht allzu ferne Zukunft. Übrigens sind es nicht Deine Photonen, sie gehören dem Universum oder, wer weiß, nur sich selbst. Danke für den Gedankenanstoss, doch mal über die (KI-)Zukunft nachzudenken.
    iLike 0
  2. Senze 26. März 2023 um 14:57 Uhr ·
    Gibt es nichts hinzuzufügen 👏👏
    iLike 0
  3. Mike-J. 27. März 2023 um 06:48 Uhr ·
    Immer wieder shön zu lesen. Weiter so! 👏😹
    iLike 0

Leider kann man keine Kommentare zu diesem Beitrag mehr schreiben.